Klimawandel: Bio-Landbau besser gewappnet
Öko-Landbau ist nicht nur für eine Landwirtschaft im Klimawandel besser gewappnet – er ist auch nachweislich effizienter ist als konventioneller Landbau. Das war eine der spannenden Erkenntnisse aus unserem jüngsten EZÖB-Seminar. Dabei teilten mit Prof. Dr. Kurt-Jürgen Hülsbergen und Dietmar Näser zwei Experten ihr durch Jahrzehnte lange Forschung erworbenes Wissen.
Die ökologische Landwirtschaft erspart der Gesellschaft demnach hohe Umweltfolgekosten – bis zu 800 Euro pro Hektar im Jahr. Das ist das Ergebnis einer zehn Jahre dauernden Studie der TU München unter Leitung von Prof. Hülsbergen. Beteiligt waren zudem das Thünen-Institut und die Universität Bonn.
Mit dem aktuellen Bio-Anteil in der Landwirtschaft wird unsere Gesellschaft bereits heute um rund 1,5 Milliarden Euro Umweltfolgekosten jährlich entlastet. Der tatsächliche Betrag ist vermutlich sogar noch höher, denn nicht berücksichtigt wurden bislang der Phosphor-Eintrag in Gewässer oder die negativen Folgen für die Artenvielfalt durch Pflanzenschutzmittel. Folglich würde das angestrebte Ziel von 30 Prozent Öko-Landbau laut Hülsbergen zu einer enormen Entlastung der öffentlichen Kassen führen.
Tiere gehören dazu
Bemerkenswert war dabei die Information, dass die Bio-Betriebe, die an der Studie beteiligt waren, auch in Sachen Effizienz erheblich besser abschnitten. Zwar ernten Bio-Höfe etwas weniger, sie müssen aber auch deutlich weniger Ressourcen einsetzen und arbeiten dadurch wirtschaftlicher. Zudem sind die Stoffkreisläufe im Bio-Landbau signifikant besser. Besonders erfolgreich waren Bio-Gemischt-Betriebe, ein Grund mehr für Hülsbergen, eine Lanze für artgerechte Nutztierhaltung zu brechen. “Wenn wir die Tiere aus dem System rausnehmen, sehen wir alt aus”, betonte er.
Darüber hinaus machte er deutlich, weshalb wir in der Landwirtschaft mehr Leguminosen wie Luzerne benötigen, um dem Klimawandel etwas entgegenzusetzen. Auch Kleegras trage massiv zum Humus-Aufbau und damit zur Bindung von CO2 bei. Der höhere Kohlenstoffgehalt im Boden wiederum führe zu einem erheblich höheren Ertrag der Böden. Abgesehen davon sei die Luzerne eine Pflanze mit einem höheren Protein-Ertrag als Soja und habe damit einen mehrfach hohen Nutzen.
Im Hinblick auf die Klimabilanzen der Höfe sagte Hülsbergen: “Wir können den Öko-Landbau nicht lassen, wie er ist. Wir müssen uns von den fossilen Energien befreien und brauchen energie-neutrale Betriebe.” Es brauche dazu eine System-Optimierung, Einzelmaßnahmen seien nicht ausreichend. Die Rahmenbedingungen für Bio-Landbau müssten dringend verbessert werden.
Dietmar Näser sprach sich dafür aus, nicht nur die Bedingungen für die Landwirte, sondern auch die für die Pflanzen zu verbessern. Denn hier gehe viel Potential verloren. In seinem praxisnahen Vortrag gab er viele Tipps zur Boden-Optimierung, beispielsweise durch die Nutzung artenreicher Untersaaten beim Weizen. “Probleme lassen sich mit Mischkulturen fast immer lösen”, sagte Näser.
Mehr messen und beobachten
Er hielt ein Plädoyer dafür, den Holobiont-Charakter von Pflanzen mehr zu beachten und sie in ihrem vollständigen System zu begreifen. Denn zum Gesamtlebewesen Pflanze zählen laut Näser untrennbar Mikororganismen, die ebenfalls gehegt, gepflegt und vor allem gefüttert werden wollen. Sein Appell an die Landwirte: Nicht allein auf Erfahrungen aus der Vergangenheit setzen, sondern viel mehr messen und beobachten. Denn in einer sich schnell verändernden Umgebung reiche Erfahrung nicht länger aus. Deshalb sollten Landwirte immer wieder zum Spaten greifen und ihre Böden untersuchen. Dafür genüge oft bereits eine feine Nase, denn ein lebendiger Boden verströme einen intensiven Geruch.
Axel Lämmermann vom EZÖB-Vorstand betonte, dass letztlich der Betriebserfolg das Entscheidende sei und damit die Frage: Wie viel Doppelzentner Getreide kann ich am Ende ernten? Klimaschutz müsse vor allem eines sein: realisierbar. Das sei auch eine Frage der zeitlichen und personellen Ressourcen der Bio-Höfe. Humus-Aufbau ist laut Axel Lämmermann sehr komplex und sein Erfolg insbesondere abhängig vom Standort. Der Ökolandbau habe allerdings schon immer fruchtbare Böden als Ziel gehabt. “Mein Ziel ist es, die Vitalität der Böden zu steigern”, sagte Lämmermann. Über 40 Prozent seiner Ackerfläche seien mit Kleegras bedeckt. Ein Fakt, der von Prof. Hülsbergen wohlwollend quittiert wurde.
Enger Austausch mit unseren Bio-Bauern
EZÖB-Seminare veranstaltet die Neumarkter Lammsbräu regelmäßig. Sie dienen der Fortbildung ihrer Bio-Bäuerinnen und Bio-Bauern sowie dem Austausch untereinander.